ARBEITSZEUGNIS

Ein Arbeitszeugnis ist eine schriftliche Bescheinigung des Arbeitgebers über Dauer, Inhalt und den Verlauf des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer soll durch das Arbeitszeugnis die Möglichkeit haben, einem Dritten gegenüber nachweisen zu können, welche Kenntnisse und Qualifikationen er bei dem vorherigen Arbeitgeber erworben hat. Je nachdem ob das Arbeitsverhältnis noch besteht oder bereits beendet ist, unterscheidet man zwei Arten des Arbeitszeugnisses, nämlich das Zwischenzeugnis und das Endzeugnis. Eine weitere Unterscheidung ist zwischen dem einfachen Arbeitszeugnis und dem qualifizierten Arbeitszeugnis zu treffen. Wenn lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen im Bezug auf den Inhalt erfüllt sind, spricht man von einem einfachen Arbeitszeugnis. Es enthält die Personalien und Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung, aber keinerlei Wertungen, also insbesondere keine Leistungs- und Führungsbeurteilung. Das qualifizierte Arbeitszeugnis enthält hingegen auch eine Beurteilung des Arbeitnehmers hinsichtlich seiner Leistung und seinem Verhalten. Der Zeugnisanspruch ergibt sich aus dem Gesetz (§ 109 Gewerbeordnung) und aus den Tarifverträgen.

Ein Zeugnis darf keine doppelbödigen Formulierungen enthalten. Die Zeugnisaussagen müssen eindeutig sein, klar und verständlich formuliert. Ein Arbeitszeugnis muss weiterhin "wahr" sein und alle wesentlichen Tatsachen enthalten, die für eine Gesamtbeurteilung von Bedeutung sind und an denen ein künftiger Arbeitgeber ein „berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse“ haben könnte. Dabei ist der Arbeitgeber nicht zur schonungslosen Offenbarung aller ungünstigen Vorkommnisse verpflichtet. Negative Beurteilungen sind nur dann zulässig, wenn sie für die gesamte Dauer der Beschäftigung charakteristisch waren. Das Zeugnis darf ferner keine Lücken aufweisen, d.h. es müssen alle für die Beurteilung der Leistung und der Führung wichtigen Dinge erwähnt werden.

Besondere Bedeutung kommt in qualifizierten Arbeitszeugnissen der Leistungsbeurteilung zu, mit der eine Aussage darüber betroffen wird, mit welche Güte der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Aufgaben in qualitativer und quantitativer Hinsicht erledigt hat. Insoweit hat sich der Beurteilungscode des Landesarbeitsgerichts Hamm etabliert, der den gängigen Formulierungen folgende "Schulnoten" zuordnet:

Er hat die ihm übertragenen Aufgaben ...

1.    ... stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt
    = sehr gute Leistungen
2.    ... stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt
    = gute Leistungen
3.    ... zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt
    = vollbefriedigende Leistungen
4.    ... stets zu unserer Zufriedenheit erledigt
    = befriedigende Leistungen
5.    ... zu unserer Zufriedenheit erledigt
    = ausreichende Leistungen
6.    ... im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt
    = mangelhafte Leistungen
7.    ... zu unserer Zufriedenheit zu erledigen versucht
    = unzureichende Leistungen

Oftmals entsprechen die Bewertungen in Zeugnissen nicht der tatsächlichen Leistung. Die Gründe hierfür liegen meistens auf der Hand. Der Arbeitgeber ist oft verärgert über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. über den Ausgang eines Kündigungsschutzverfahrens und lässt dies in das Zeugnis bzw. die Bewertung einfließen. Manchmal schmältert auch ein Streit mit dem Arbeitnehmer die Bereitschaft des Ausstellers, die jahrelangen guten Leistungen angemessen zu würdigen.

Der Arbeitnehmer kann in solchen Fall gegenüber seinem Arbeitgeber einen Zeugnisberichtigungsanspruch geltend machen, welcher sich vor den Arbeitsgerichten gerichtlich durchsetzen lässt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass der Arbeitnehmer generell keinen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis mit einem bestimmten von ihm gewünschten Wortlaut hat. Dem Arbeitgeber steht nämlich hinsichtlich der Formulierung ein Beurteilungsspielraum zu, den er nach pflichtgemäßen Ermessen auszufüllen hat. Die Erfolgsaussichten einer Zeugnisberichtigungsklage hängen in besonderem Maße davon ab, inwieweit die Parteien der ihnen obliegenden Darlegungs- und Beweislast genügen können. Bei einer unterdurchschnittlichen Beurteilung muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die von ihm vorgenommene Beurteilung des Arbeitnehmers den Tatsachen entspricht. Beansprucht der Arbeitnehmer die Verbesserung eines durchschnittlichen Arbeitszeugnisses, so hat er die hierfür erforderlichen Tatsachen schlüssig darzulegen, welche sodann von dem Arbeitgeber durch entsprechenden Vortrag erschüttert werden können. Der Anspruch auf Erteilung einer Bestleistung führt regelmäßig zu der vollen Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers.

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfe ich regelmäßig Arbeitszeugnisse und habe dabei leider die Erfahrung gemacht, dass manche Arbeitgeber versuchen, dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer mit sog. Verschlüsselungen Steine in den Weg zu legen. Mit einem Fall dieser Art hatte sich auch das Arbeitsgericht Herford (Urteil vom 01.04.2009 - 2 Ca 1502/08) zu befassen. In dem streitgegenständlichen Arbeitszeugnis war folgende Klausel enthalten: "Gerne stehen wir jedem zukünftigen Arbeitgeber von Frau ... hinsichtlich Nachfragen über die Qualität der von ihr für uns geleisteten Arbeit zur Verfügung." Die Klägerin begehrte - mit Erfolg - die ersatzlose Streichung dieses Satzes. Das Arbeitsgericht stellte zutreffend fest, dass nach § 109 Absatz 2 Satz 2 GewO im Arbeitszeugnis keine objektiven Verschlüsselungen enthalten sein dürfen. Als eine Verschlüsselung in diesem Sinne sei die von der Klägerin beanstandete Klausel zu bewerten, weil dieser Satz im Zweifel so zu verstehen sei, dass die in dem Zeugnis enthaltene Leistungsbeurteilung nicht den Tatsachen entspreche. Da die Klausel zudem ungewöhnlich sei, müsse sie ersatzlos gestrichen werden.